ZZ Top

Der Z1 avancierte bei seinem ersten Auftritt 1986 sozusagen aus dem Stand zum Top-Modell der neuen Roadster-Faszination. Wie schlägt sich der Zweisitzer aus dem modernen Antiquariat heute im Vergleich zum aktuellen Z3 ?

Ungleiche Brüder: Dem elegant kühlen Z1 folgt der pausbäckige Z3

Wenn die beiden Roadster von BMW nebeneinander stehen, der Z1 des Jahres 1986 und der Z3 von 1995, bricht das gewohnte Raum-Zeit-Gefüge sozusagen schon im Stand ein wenig mit dem Heck aus. BMW hat den nervenaufreibenden Rhytmus ständiger Modellwechsel, stets gejagt von der Frage, welches Stylingelement die Moderne, die Zukunft, den Fortschritt schlüssiger als bei der Konkurrenz zu symbolisieren vermag, hinfällig werden lassen.

Der viel neuere Z3 wirkt nicht etwa wie der Nachfolger des Z1, sondern wie dessen Vorläufer - die Zukunft des offenen Zweisitzers, so die Botschaft der Bayerischen Motorenwerke, ist seine Vergangenheit. Mit offenen Autos, das dokumentieren schließlich auch die Geschichtsbücher, hat ja alles angefangen, damals im 86er Jahr des vorigen Jahrhunderts.

 

Ganz versunken: Die Türen im Z1 öffnen sich elektrisch nach unten

 

Zum denkwürdigen 100. Geburtstag der Kraftfahrt, also 1986, besann sich BMW auf die Magie des Urzustands und stellte mit dem Ur-Z1 eine Roadster-Studie vor, die 1987 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt Furore machte, 1988 in Serie ging und bis Mai 1991 rund 8000 mal gebaut wurde. Einer der wählbaren Farbtöne: Urgrün.

Bei Automobilen, die nicht in erster Linie aus Gründen der Nützlichkeit angeschafft werden, sondern hauptsächlich wegen des Vergnügens, das sie bereiten, kommt dem optischen Erscheinungsbild erfahrungsgemäß höchste Aufmerksamkeit zu: Sportwagen sollen zwar gehen wie die sprichwörtliche Sau, aber um Himmels willen nicht so aussehen.

Für den Z1 entdeckte der damalige BMW-Designer Harm Lagaay die Lust am Keil neu. Dessen harmonisch gebrochene Kanten mit ihren sanften Rundungen machten den Z1 schon 1986 zum stilistischen Zeitgenossen des Mercedes SLK von 1996 - mithin ein prämodernes Kunstwerk.

Spurt-Schau: Der Z1 beschleunigt in 8,7 Sekunden auf 100 km/h

Vergleichsfest: Die Straße liegt da und wartet darauf, genommen zu werden. Der Z1 gehorcht eine Spur hurtiger als der Z3.

Der im amerikanischen BMW-Werk in South Carolina montierte Z3 mutet hingegen viel weniger als ein Auto aus einem Guß an; er sieht vielmehr aus wie eine zweisitzige Designerdroge, synthetisch hergestellt aus Form-Zutaten der Antike. Das Resultat zeigt, daß die Summe klassischer Elemente noch lange keinen neuen Klassiker ergeben muß, und der Z3 scheint es zu wissen.

Von oben betrachtet, speziell schräg von vorn, wirkt sein automobiles Gesicht bekümmert. Ihm scheinen die Mundwinkel zu hängen, die Augen zwinkern ein wenig verweint, und die ganze Frontpartie sieht aus, als würde sie gleich wie ein Stück schmelzender Seife nach unten wegtropfen. Gegen diese unbewußten Botschaften der Körpersprache kommen auch die pausbäckigen Kotflügel nicht an, und der erste Eindruck bleibt: Der Z3 scheint aus bestimmten Perspektiven unter dem verhängnisvollen Wirken der Schwerkraft optisch zu zerfließen wie jene Uhr, die eins Salvadore Dali als Symbol der Vergänglichkeit über einen Ast gehängt malte.

Seine rein blecherne Gestalt bleibt dafür jedoch im Rahmen, egal, ob Kälte oder Hitze auf sie einwirken. Anders die des Z1: Dessen Kunststoff-Beplankung kann in der Länge um bis zu zwei Zentimeter wachsen, etwa wenn der Zweisitzer aus der Kältekammer in die sommerliche Mittagshitze rollt. Die Kotflügel des Z1 sind daher nur am Türrahmen fest verankert; an den vorderen und hinteren Polen gleichen Langlöcher die Wärmedehnung der Thermoplast-Elemente aus.

BMW nahm dies damals in Kauf, denn der Z1 wurde als ausgewiesener Technologie-Träger ins Rennen um die Gunst der Kundschaft geschickt. Sein monocoqueartiger Rahmen aus verzinkten Blechprofilen erhielt zum Beispiel zehn Prozent zusätzlicher Stabilität durch eine eingeklebte Kunststoff-Bodenplatte.

 

Zeit-Los: Der Z3 (links) trägt die Nase höher als der Z1

 

Das war allerdings nicht das Schlimmste am Z1. Sein Problem waren und blieben die Türen. Auf das Antippen elektrischer Schalter schnurren sie von oben nach unten in den extrem voluminösen Seitenschweller, wo sie auch während der Fahrt verbleiben dürfen. Diese Konstruktionsart bürgt zwar für stabilen Schutz im Falle eines Seitenaufpralls, macht aber das Einsteigen zumal bei geschlossenem Dach zur Meisterprüfung für Freizeit-Fakire.

Für bundfaltenkaschierte oder faltenrockumwogte Gesäßpartien der XXL-Kategorie nimmt der Zutritt in einen Z1 oft pittoreske Formen an; und Damen im traditionellen Outfit bieten Zuschauern beim Einstieg in den Z1 selbst dann ein jugendgefährdendes Schauspiel, wenn sie noch mit einer Konfektionsgröße in den schlanken Dreißigern begabt sind.

Hier macht der Z3 im Vergleich klare Punkte: Er ist aus sittlicher Sicht das politisch korrekte Automobil, denn seine konventionell öffnenden Türen ersparen manche Peinlichkeit.

Zurück in die Uhr-Zeit: Im Z1 lockt der Look einzelner Rundinstrumente

Konzern modern: Im Z3 signalisieren die Instrumente der Dreier-Reihe den Zwang zur Sparsamkeit

Setzt man die beiden ungleichen Brüder in Betrieb, treten abgestufte Gemeinsamkeiten zutage: Dem Anlassen des Z1 folgt akustisch eine gewisse Ernüchterung; dem Anlassen des Z3 folgt akustisch eine gewaltige Ernüchterung. Beide BMW-Motoren klingen langweilig brav, der 2,5 Liter Sechszylinder im Z1 dabei aber noch ein wenig kerniger als der nuschelnde 1,9 Liter-Vierzylinder im Z3.

Die Limousinen-Verwandten der Roadster sind zugleich deren Organbänke: Im Z1 arbeitet der 170 PS-Sechszylinder aus dem alten 325i, allerdings 30 Millimeter weiter nach hinten gerückt, was die ideale Gewichtsverteilung des Z1 von 49 Prozent vorn und 51 Prozent hinten fördert. Im Z3 findet sich viel Technik aus dem Compact-Regal der aktuellen Dreier-Reihe, verteilt im Gewichtsverhältnis von 51,3 Prozent vorn zu 48,7 Prozent hinten.

Sixpack: Der Z1 ist mit 170 PS aus sechs Zylindern auskömmlich motorisiert - ohne Hang zur Barbarei.

Viererbande: Der Vierzylinder im Z3 leistet 140 PS, läßt jedoch bei sportlicher Gangart dem Wunsch nach mehr Power Raum

Und die Fahrleistungen ? Pauschal vermissen kompromißlos eingestellte Sportwagen-Freunde sowohl beim Z1 wie auch beim Z3 jene erst fort und dann mitreißende Kraftentfaltung, die als Privileg reinrassiger Sportwagen unterschwellig vorausgesetzt wird. Der auf 220 km/h Höchstgeschwindigkeit übersetzte Z1 tut sich mit den knapp 1300 Kilogramm Leergewicht des Zweisitzers nicht eben leicht, sprintet aus dem Stand aber in immerhin noch 8,7 Sekunden auf 100 km/h. Der zwei Zentner leichtere und 205 km/h geschwinde, jedoch 30 PS schwächere Z3 benötigte im Test für den gleichen Spurt schon 9,1 Sekunden. Ein frontgetriebener Fiat Barchetta macht es zwei Zehntelsekunden hurtiger.

Im Handling, beim Bremsen und bei den erreichbaren Kurvengeschwindigkeiten hat die Zeit Pause gemacht: Der Z1 verliert in diesen Disziplinen dem Z3 gegenüber praktisch kein Terrain.

Der Z1 ließ die Vergangenheit mit futuristischer Technik hinter sich, während der Z3 die Zukunft mit Nostalgie meistert.

 

Einer größeren Verbreitung des Z1 - noch besitzen einige BMW-Händler nagelneue Exemplare - standen seinerzeit nicht nur seine frauenfeindlichen Türen entgegen; er war auch zu teuer. Mit einem Nominalpreis von 80 000 Mark, der schon vor dem Serienanlauf erhöht wurde, lag der exotische BMW auf dem Niveau des Klassikers Porsche 911. Der heute etwas mehr als die Hälfte kostende Z3 1.9 profitiert da von deutlich besseren Startbedingungen.

Ein gebrauchter Z1 zum gleichen Preis bildet allerdings immer noch eine überlegenswerte Alternative. Wer das Einsteigen beherrscht, sitzt in einem wirklich eleganten und dazu raren Sportwagen. In zehn Jahren kann der Zweisitzer zudem jedem Nichteingeweihten als Nachfolger des Z3 präsentiert werden.

Dieser Artikel wurde von Malte Jürgens geschrieben

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