Dieser Artikel ist in der Zeitung "Cabrio & Sportcoupé" 1/94 erschienen

Die Autoren waren Horst Gobrecht und Otto Walenta

Wenn Designer spielen dürfen

Technische Neuerungen, ungewöhnliche Lösungen, gewagtes Styling - machen wir uns nichts vor, wenn man diese Attribute heutigen Automobilen zuordnen soll, denkt man oft zuerst an Japan. Selten genug wagen sich deutsche Hersteller aufs Parkett der Extravaganz. Eine der ganz wenigen Ausnahmen jüngeren Datums heißt BMW Z1.

Offen wie selten zuvor präsentierte sich 1987 ein neuer Roadster auf der IAA in Frankfurt. Als besonderer Gag verschwanden seine Türen beim Öffnen automatisch in den Schwellern - eine technische Raffinesse, die ihm als Serienprodukt weltweite Einmaligkeit verlieh. Das Verdeck mußte hingegen wie bei einem echten Roadster per Hand geöffnet und verstaut werden. Voller Begeisterung bestaunte das Publikum den Zl, Ergebnis zweijährigen Schaffens der Entwicklungsabteilung von BMW.

Dabei stand bei der Entwicklung gar nicht so sehr die Absicht im Vordergrund, ein atemberaubendes Cabrio auf die Beine zu stellen. Die Prämisse lautete vielmehr einzig und allein, daß ein positiver Image-Effekt für seine Schöpfer herausspringen sollte. 1985 hatten Entwicklungschef Ulrich Bez und Designer Harm Lagaay nämlich den Auftrag erhalten, für BMW etwas Besonderes zu kreieren. Sportlich, sympathisch, dynamisch sollte der neue BMW sein - vielleicht sogar offen. Auf keinen Fall durfte er sich zur Konkurrenz gegenüber der 3er-Reihe im eigenen Haus auswachsen.

Überzeugendes Verdeck: Wie eine Mini-Kapuze paßt sich das völlig dichte Faltdach der Linie des schnittigen Roadters an

Was bei der monatelangen Tüftelei herauskam, war der Zl, ein waschechter Roadster - klassisch in der Fahrweise, doch so modern in der Form, daß er mit seinem Katalysator und zusätzlicher Klimaanlage für den Export in die USA prädestiniert schien. Eine Fachzeitschrift ging in ihren Exportprognosen für den Zl so weit, ihn zu jenen einmaligen Angeboten auf dem weltweiten Automobilmarkt zu zählen, "für das die Amis sogar die Freiheitsstatue in Zahlung geben". Alle Auguren sagten dem Zl also einen Riesenerfolg voraus. Und zu Beginn der Serienproduktion im Juli 1988 lagen bei BMW tatsächlich bereits 3500 Vorbestellungen auf dem Tisch. Mancher Autokenner mutmaßte schon, bei einer solch hohen Nachfrage "ließe sich bei einer Tagesproduktion von 20 bis 40 Stück sogar von einem Preis träumen, der um 50.000 Mark, jedenfalls nicht meilenweit darüber liegen könnte".

Es kam allerdings anders: Weder realisierten die Bayern annähernd den erhofften Preis, noch erreichte BMW in der täglichen Herstellung jene Größenordnung - die absolute Bestleistung lag bei 18 Exemplaren. Die Kunden mußten bis zum März 1989 auf die Auslieferung der ersten Zl warten und zahlten stolze 85.000 Mark für den Roadster. Und die Lieferzeit betrug Mitte 1987 volle 30 Monate!

Grenzenlos offen: Fahren mit versenkten Türen ist polizeilich erlaubt Das Armaturenbrett beschränkt sich aufs Notwendigste. Ein Königreich für ein Handschuhfach !

Auch das angestrebte lukrative Geschäft stellte sich nicht in dem von BMW erwarteten Umfang ein. Nach dem ersten Interessenten-Sturm trieb der Z 1 lange Zeit in einer herben Flaute. Immer seltener konnte ein Händler ihn zum Listenpreis verkaufen, der bis 1990 noch auf 89.000 Mark anstieg. Maßgeblichen Anteil an dieser Entwicklung hatte sicher der Mazda MX-5. Der schmucke Japaner weist erstaunlich viele Gemeinsamkeiten mit dem Zl auf und kostete dennoch die Kleinigkeit von 50.000 Mark weniger. Da war bei BMW nicht mehr an hohe Produktionszahlen zu denken.

Der Export in die USA fiel völlig ins Wasser - mehr als 80 Prozent der veräußerten Zl rollt auf bundesdeutschen Straßen.

Bis Juni 1991 fanden trotzdem 8000 Exemplare ihre begeisterten Käufer. Das sind 3000 mehr, als BMW in ganz frühen Prognosen zu bauen beabsichtigte. So gesehen, war der Zl also auch in seinen verkaufsaktiven Jahren nicht gänzlich ohne Erfolg, wenngleich man ihn bei den heute üblichen Stückzahlen als echte Rarität bezeichnen muß.

Entblättert: Das vollverzinkte Stahlblechgerippe ohne seine Kunststoffhülle

Und genau das hat seine Vorteile für die Besitzer. Es gibt nämlich viele gute Gründe, dem Zl eine erfolgreiche Karriere als klassisches Automobil vorauszusagen - schon in nicht allzu ferner Zukunft. Die geringe Stückzahl liefert einen Mosaikstein hierzu. Seine größte Stärke liegt für viele Klassik-Liebhaber aber ganz woanders: Gegen die absolut einmaligen versenkbaren Türen erscheinen die weltberühmten Flügeltüren von Mercedes und vielen anderen Herstellern eingesetzt, wie Massenware. Weiteres Argument: BMW zählt zu den Herstellern hochklassiger Autornobile. Die Fahrzeuge solcher Marken erhalten schneller und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Liebhaberstatus - was die Bayern bereits häufig unter Beweis gestellt haben.

Doch genug der Philosophie und ran an den Zl! Denn schließlich hat er an modernem Roadster-Feeling und Fahrspaß einiges zu bieten. Als aerodynamisch günstig erweist sich das breite und flache, feuerverzinkte Stahlblech-Monocoque mit angeschraubter Kunststoffkarosserie. Die Struktur des Unterbodens reduziert den Auftrieb und sorgt damit für bessere Bodenhaftung. Selbst der Endschalldämpfer, der zwischen der Hinterachse und dem Heckstoßfänger quer liegt, erhält dadurch die Funktion eines Heckspoilers und erhöht den Anpreßdruck des Fahrzeugs auf die Fahrbahn.

Z1-Palette: Bis Ende 1990 gab es den Flitzer ab Werk nur in den hier gezeigten Außenfarben Rot, Grünmetallic, Gelb und Schwarzmetallic. In den letzten Produktionsmonaten kamen dann noch Blaumetallic und Violettmetallic hinzu

Der Einstieg über die hohen, innen mit Leder beschlagenen Seitenschweller erinnert ein bißchen an die Edelversion eines türlosen Boliden früherer Jahre: Bei offenem Verdeck genügt ein leichter sportlicher Schwung, bei geschlossenem Dach ist viel akrobatisches Geschick erforderlich, um einen Sitzplatz zu ergattern. Zu jeder Zeit viel Geschick müssen kurzberockte Damen beweisen - ohne Übung lenkt die Ein- oder Aussteigende unweigerlich des Passanten Aufmerksamkeit weg vom Zl auf andere schöne Dinge.

Erstaunlich geräumig präsentiert sich der Zl im Inneren. Der Fahrer sitzt tief in den hart gepolsterten, aber nicht unbequemen Schalensitzen. Paßgerecht geformte Sitzlehnen stützen Kopf, Nacken und Schultern, ohne den Körper einzuzwängen. Sehr großgewachsene Roadster-Fans könnten bei der Fahrt im Zl allerdings Probleme kriegen. Der Verstellbereich der Sitze verschafft zwar ein gehöriges Maß an Bewegungsfreiheit, doch der sportlich kurze Innenraum bildet die natürliche Grenze.

Viel Vergnügen: Trotz relativer Kraftlosigkeit in unteren Drehzahlen bereitet der Z1 seinen Piloten Fahrspaß pur

Das Interieur - meist grauschwarzes Nappaleder oder gelber Stoff mit Ledereinfassung - scheint für einen Roadster ausgesprochen edel. Tiefliegend präsentiert sich das übersichtliche Armaturenbrett. Vier schlichte Rundinstrumente, merkwürdigerweise in drei verschiedenen Größen, gruppieren sich hinter dem sportlichen Dreispeichen-Lenkrad mit Lederbezug. In die Mittelkonsole wurden Heizung, Lüftung und Radio integriert.

Als die Designer den Zl entwarfen, traten sie an, soviel wie möglich anders zu machen als bei normalen Autos. Dabei waren ihnen natürlich finanzielle Grenzen gesetzt, doch man kann insgesamt sagen, daß dieses Vorhaben recht gut geglückt ist - nicht nur bei den Türen. Zumindest in einem Punkt gerieten die Auswirkungen aber wenig segensreich für den Zl-Besitzer: Wohl fast jeder hätte gerne auf die Extravaganz eines fehlenden Handschuhfachs verzichtet! Eine abschließbare Klappe hinter dem umständlich nach vorne zu bugsierenden Beifahrersitz tröstet da nur wenig.

Ähnlich sparsam an Beladungskapazität ist der Kofferraum konzipiert: Wenn Faltdach und Reserverad darin ihren Platz gefunden haben, bleibt nur noch wenig Raum für ein paar Taschen - chancenlos kapituliert der mit einem Koffer bestückte Reisewillige. Bei BMW muß man solche Probleme zumindest geahnt haben, denn hinter einer Klappe an der linken Kofferraumseite befinden sich als Originalzubehör zwei Reifenflick-Sprühdosen. So kommt es, daß der Zl-Fahrer im Normalfall sein Reserverad lieber zu Hause läßt. Die dynamische und schwungvolle Karosserieform läßt eigentlich eine Maschine mit großer Durchzugskraft und feurigem Sound erwarten. Als es um die Motorbestückung ging, hatten die Münchener Entwickler aber offenbar den zur Verfügung stehenden Geldtopf bereits weitgehend ausgeschöpft. Jedenfalls pulsiert unter der rassigen Haube ein altbewährtes Herz - nicht zur unbedingten Freude aller Besitzer. Der Zl erhielt seinen Motor nämlich vom BMW 325: Ein seidenweich laufender Sechszylinder mit 170 PS, der allerdings ordentlich Drehzahl braucht, um echtes Feuer zu entwickeln.

Schon der Start läßt ein sattes Grollen unter der Motorhaube vermissen; statt dessen liefert die Maschine schallgedämpftes Säuseln. Und auch der wenig schwungvolle Antritt demonstriert beim Zl die übliche Drehmomentschwäche dieses BMW-Triebwerks: Im unteren Drehzahlbereich scheint ihm die Luft wegzubleiben und die nötige Power zum Sprint zu fehlen. Zudem beeinflußt das relativ hohe Gewicht von 1250 Kilogramm das Leistungsverhalten ebenfalls negativ. Die wirklich hervorragenden Fahreigenschaften besorgen den Rest: Der Fahrer nimmt die vorhandene, gar nicht mal so miese Beschleunigung subjektiv kaum wahr.

Diese technischen Eigenheiten des Zl wirken auf die verwöhnte Fahr-Psychologie manches Roadster-Puristen etwas langweilig. Im ersten Moment zumindest, denn die Zahlen sprechen eigentlich eine andere Sprache. Schließlich sind eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in weniger als 8 Sekunden und eine Spitze von über 220 km/h kein Pappenstiel. Und wer den Zl länger kennt, der weiß ziemlich gut zwischen subjektiven Eindrücken und objektiver Leistung zu unterscheiden. Uneingeschränktes Lob aus allen Kehlen wird dabei immer dem fantastischen Fahrwerk gezollt.

Echte Fahrfreude kommt auf, wenn der Zl offen, also hart am Wind gesteuert wird. Das Verdeck ruht unsichtbar unter seiner festen Klappe. Per Knopfdruck versinken die Türen in den Schwellern. Die Fahrbahn gelangt in greifbare Nähe. Wer will, darf den Zl so offen pilotieren, wie ein Roadster nur sein kann - der Gesetzgeber hat keine Einwände gegen die Fahrt mit versenkten Türen. Alles Bewegliche sollte dann aber vorsichtshalber aus dem Cockpit in den Kofferraum verschwinden: Ab 70 km/h wird's richtig zugig.

Doch so stürmisch es auch im Cockpit zugehen mag, dem Fahrer vermittelt der Z1 nichts als innere Ruhe. Mit der Servounterstützung steuert er sich leicht, selbst auf kleinste Lenkbewegungen reagiert er spontan und sehr genau - guter Fahrbahnkontakt bleibt dabei jederzeit gewährleistet. Der zeigt sich auch noch bei hoher Kurvengeschwindigkeit. Mit jeder weiteren Beschleunigungsstufe bewegt sich der Zweifler einen Schritt weg vom Gefühl der Langeweile - hin zur Begeisterung für den Zl.

Auch manch Ehrenrühriges ist über den extravaganten BMW mit den versenkbaren Türen bisher geschrieben worden. Meist aus der Enttäuschung der Journalisten heraus, daß andere Hersteller - allen voran Mazda - das unter dem Strich vermeintlich erheblich preiswertere Angebot hätten. Betrachtet man aber den Faktor Wertverlust, so relativiert sich eine solche Ansicht schnell. Einen guten Zl mit wenig Kilometern auf der Uhr wird man heute, gut zwei Jahre nach seiner Einstellung nur selten unter 60.000 Mark bekommen. Die günstigsten Angebote hegen nochmal 10.000 Mark darunter. Und man darf bereits spekulieren, wann sich der Preistrend für gute Stücke umkehrt, diese mithin wieder an Wert zulegen.

Nicht zuletzt deshalb ist der BMW Zl unser Tip des Monats für die Rubrik Klassiker von morgen. Wer jetzt oder in absehbarer Zukunft eines der einmaligen Stücke erwirbt, kann eigentlich nichts verkehrt machen!

Ahnen ohne Ähnlichkeit

Der Z 1 ist nicht das erste sportliche Kleinserienmodell von BMW. In den vergangenen Jahrzehnten hatten die Münchener Entwicklungsingenieure und Designer rnanche Gelegenheit, ihr Können unabhängig von den Markterfordernissen der Großserie unter Beweis zu stellen. Dabei haben die so entstandenen Fahrzeuge neben ihrer geringen Stückzahl nur noch eines gemein: Sie sind alle von Grund auf verschieden!

BMW 507, 1956-1959, 252 Stück

Auf der IAA 1955 in Frankfurt gab der "Touring Sport Roadster" BMW 507 nach einem Entwurf von Albrecht Graf Goertz sein Debüt. Die Begeisterung des IAA-Publikums zog jedoch keinen entsprechenden Verkaufserfolg nach sich - in der Zeit von November 1956 bis März 1959 wurden lediglich 252 Exemplare hergestellt. Ausgestattet mit einem 3200-ccm-V8-Motor brachte er eine Leistung von 150 PS bei 5000/min. Heute gehört er zu den gesuchten und gutbezahlten Sportwagen-Klassikern - kein Wunder bei der geringen Stückzahl und dem Aussehen. Modelle in gutem Zustand erzielen über 300.000 Mark.

Der 2+2-sitzige BMW 1600 GT war eine Abwandlung der Glas-Typen 1300 GT und 1700 GT. Als BMW die Firma Glas 1967 schluckte, baute man das von Frua gestylte Coupé mit etlichen Modifizierungen noch für ein Jahr als BMW 1600 GT weiter. Antriebsaggregat, Getriebe und Hinterachse stammten dabei vom BMW 1600 Tl. Der Vergasermotor mit 1600 ccm leistete 105 PS bei 6000/min. Von Juni 1967 bis August 1968 entstanden ganze 1259 Fahrzeuge vom Typ BMW 1600 GT. Heute kostet ein gutes Exemplar um die 20.000 Mark.

BMW 1600 GT, 1967-1968, 1259 Stück

Wie beim späteren Zl hatte man sich in München mit dem Sportcoupé BMW M1 eventuell einen größeren Verkaufserfolg erhofft. Vorgestellt auf dem Pariser Autosalon 1978, wurde er sowohl in einer serienmäßigen Straßenausführung mit 277 PS als auch in zwei Rennversionen mit einem 470-PS-Saugmotor und einer 850-PS-Turbomaschine angeboten. Die Karosseriefabrik Baur in Stuttgart montierte in den Jahren 1978 bis 1981 genau 453 Exemplare - 388 Straßenautos, 48 Gruppe-4-Boliden und 17 Versuchswagen. Straßenfahrzeuge wurden zum Listenpreis von zunächst 100.000, später 113.000 Mark offeriert - damals viel Geld. Aus der anfänglichen Begeisterung resultierten keine entsprechenden Verkaufszahlen. BMW hatte finanziell das Nachsehen - fürs Image allerdings einen beträchtlichen Gewinn. Heutzutage ist ein guter M1 über 200.000 Mark wert.

BMW M1, 1978-1981, 453 Stück

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